60 Jahre Trabant 601 "Trabbi": Das DDR-Kultauto feiert Comeback

SteveJ

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Der eigene Trabbi wurde von vielen in der DDR mit Hingabe gepflegt, nach der Wiedervereinigung aber ausgemustert.
Inzwischen lebt die alte Liebe bei einigen wieder auf.

Der Traum vom eigenen Auto erfüllte sich für viele DDR-Bürger erst nach langem Warten.
Der Trabbi genannte Kleinwagen aus Zwickau war deswegen für viele das Objekt der Begierde.
Doch nach der Wiedervereinigung machte der technisch veraltete Trabant neben den Westmodellen eine miese Figur, avancierte zum Witzobjekt und wurde auf den Straßen bald zur Rarität.

Seit einigen Jahren lebt der Kleinwagen als Oldtimer auf und hat eine wachsende Fangemeinde: Die Zulassungszahlen steigen wieder!
Wer ein solches Auto kaufen will, muss eine stattliche Summe berappen. :oops:

Aber woher kommt die neue Liebe zum kleinen Stinker, der in diesem Jahr ein Jubiläum feiert? :unsure:


Zweitakt-Motor mit zunächst 23 PS, Luftkühlung, Maximaltempo 100 und eine Karosse aus Duroplast statt Blech:
Vor 60 Jahren präsentierten die VEB Sachsenring Automobilwerke den Trabant 601 auf der Leipziger Frühjahrsmesse der internationalen Öffentlichkeit – neben einem Horch Baujahr 1911, um auf die stolze Autotradition der Region zu verweisen.

Vorgänger hatte es gegeben, doch mit mehr als 2,8 Millionen Exemplaren wurde der 601 der meistverkaufte Wagen Trabant und bis 1990 produziert.
Ob pastellblau, polarweiß oder cliffgrün – der 601 hat das Trabi-Bild in den Köpfen geprägt.

Von einer vollkommen neuen Karosserie schwärmt im Frühjahr 1964 das Magazin "Der Deutsche Straßenverkehr", "die im Stil der modernen Trapezlinie dem internationalen Geschmack entspricht".
Im Vergleich zu seinen Vorgängern biete er mehr Kopffreiheit, einen größeren Kofferraum, Kurbelfenster und Druckknopftürgriffe.
"Mit dem Platzangebot im Innenraum liegt der Trabant 601 im internationalen Maßstab an der Spitze der vergleichbaren Fahrzeuge", frohlockt die DDR-Zeitschrift.

Zwar geht das neue Modell im Juni 1964 in Serie, die Produktion hält aber mit der Nachfrage nie Schritt.
Die Folge: Wartezeiten von mehr als zehn Jahren. :eek:
Das lag auch an Besonderheiten der Karosserie, wie Bernd Cyliax erzählt.
Der 79-Jährige arbeitete einst beim VEB Sachsenring. Heute teilt er im Zwickauer Horch-Museum sein Wissen mit Besuchern.

Weil es an Devisen und Rohstoffen fehlte, wurde für die Karosserie Duroplast verwendet.
"Duroplast besteht im Prinzip aus Baumwolle, die aus der Sowjetunion kam, und Phenolharz aus Braunkohlenteer."
Das Ganze – jeweils zehn Teile je Auto – wurde bei 180 Grad gepresst und musste wieder abkühlen.
"So ein Pressvorgang dauerte acht Minuten – das war das Problem", sagt Cyliax.

Dem Trabbi brachte diese Eigenheit Kosenamen wie "Plastebomber" oder "Rennpappe" ein.
Wegen der langen Wartezeiten waren gebrauchte Fahrzeuge häufig teurer als Neuwagen.
Doch wer einen ergattert hatte, für den war er oft ein treuer Begleiter – bei der Fahrt an die Ostsee, den Balaton in Ungarn oder bei der ersten Stippvisite nach Westdeutschland Ende 1989.
Auf den Straßen wich er danach rasch Modellen von Volkswagen, Ford oder Opel.

Das hält der Kultfilm "Go Trabi Go" Anfang der 90er in seiner Eingangsszene fest:
Während der Deutschlehrer Udo Struutz (Wolfgang Stumph) in Bitterfeld mit Frau Rita (Marie Gruber) und Tochter Jacqueline (Claudia Schmutzler) im Trabi "Schorsch" zur Reise nach Italien aufbricht, polieren seine Nachbarn bereits ihre Westautos und haben für seinen 601 nur Häme übrig:
"Neapel? So kommste nimma bis Leipzsch." :LOL:

Auch in der Komödie "Trabbi goes to Hollywood" mit Thomas Gottschalk wird der Trabant zum Star auf der Leinwand.
Unterhaltung bot er zudem in unzähligen Witzen wie:
Ein Trabbi-Besitzer an der Tankstelle zum Tankwart: "Für meinen Trabbi hätte ich gerne zwei Scheibenwischer."
Der Tankwart: "Das ist okay, das klingt nach einem fairen Tausch!"

Gut 30 Jahre später feiert der Stinker ein Comeback und hat Kultstatus – nicht nur in Ostdeutschland. Das zeigen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes.
Seit rund zehn Jahren steigt die Zahl der zugelassenen Trabis.
Waren es 2014 gut 32.300, wurde im vergangenen Jahr die Marke von 40.000 geknackt – davon knapp 32.000 im Osten und gut 8.300 im Westen.

Wer einen der inzwischen zum Oldtimer geadelten Wagen kaufen will, muss immer mehr Geld hinblättern.
Im Schnitt würden sie derzeit für rund 7.300 Euro angeboten, sagt Gerd Heinemann vom Beratungsunternehmen BBE Automotive.
Es erstellt regelmäßig Marktanalysen für Old- und Youngtimer in Deutschland.
Für einige besondere Varianten werden im Internet gar Preise von 25.000 Euro und mehr verlangt.
"Die Preise werden tendenziell weiter steigen." Fünf Prozent im Jahr seien realistisch.
Dass es in Deutschland wieder mehr Trabis gibt, sei auch auf Reimporte zurückzuführen, erklärt Heinemann.

Aber nicht jeder teilt die Begeisterung. Der Deutschen Umwelthilfe sind die Abgase der Zweitakter ein Dorn im Auge... 😒
Dabei gehe es vor allem um unvollständig verbrannten Kohlenwasserstoff und Kohlenmonoxid.
"Wir fordern ein Fahrverbot für alte wie neue Fahrzeuge ohne eine wirksame Abgasreinigung", heißt es in einer Stellungnahme.

Denn mit dem H-Kennzeichen dürfen Fahrer von Trabis und anderen Oldtimern auch in Umweltzonen von Großstädten fahren.
Das sei nicht vertretbar, "da sie zur Luftbelastung und damit zur Gesundheitsgefährdung beitragen", moniert die Umwelthilfe.

Ein paar technische Besonderheiten:​

  • Der Motor hatte eine Drehschiebersteuerung, die ihm ein vergleichsweise beachtliches Temperament und hohes Drehmoment verlieh.
  • Mit direkter Zahnstangenlenkung, sehr leichtgängiger Krückstockschaltung und straffer Federung ließ sich der Trabant recht sportlich fahren.
  • Das straffe Fahrwerk (Querblattfeder vorn, bis 1988 Querblattfeder hinten) bot zwar für eine hohe Fahrsicherheit, aber einen äußerst geringen Fahrkomfort.
  • Aufgrund der hohen Toleranzen bei der Fertigung und in der Einstellung von Motor, Zündung und Vergaser schwankte die Leistung des Trabant stark:
    Die werksseitig angegebenen 26 PS waren eine Mindest-Leistungs-Angabe - die tatsächliche Leistung lag oft höher und ließ sich durch Veränderungen an der Einstellung der Zündung und des Vergasers mit einfachen Mitteln erhöhen.
  • Ein Freilauf im vierten Gang bewirkte, dass der Trabant nach Gaswegnahme automatisch auskuppelt und bei erneutem Gasgeben automatisch wieder einkuppelt.
    Frühe Trabant mit unsynchronisiertem Getriebe (bis 1962) besaßen diesen Freilauf sperrbar und für alle Gänge.
  • Der Motor lief, wie es bei vielen Zweitaktmotoren der Fall ist, nur in bestimmten Betriebssituationen gut.
    Im Leerlauf und Schubbetrieb war der Motorlauf unregelmäßig. Im Teillastbereich lief der Motor bei niedrigeren Drehzahlen durch schlechte Zylinderfüllung "rappelig".
    Im Bereich um 85 km/h neigte er zu Verbrennungsklingeln und Überhitzung. Oberhalb von 95 km/h stiegen der Kraftstoffverbrauch und Motorverschleiß unverhältnismäßig an.
    Für längere Fahrten mit konstanter Geschwindigkeit eignen sich bei normaler Belastung die Bereiche von 50–80 km/h und etwa 90 km/h.
    Die Gefahr unzureichender Schmierung droht bei Rückenwind/Windschatten oder längeren Bergabfahrten mit hoher Geschwindigkeit.
    Hierbei darf der Trabant nicht mit wenig Gas gefahren werden, sondern sollte abwechselnd im Leerlauf (Freilauf) laufen und beschleunigt werden.
  • Der manuell zu regulierende Choke wurde von einigen Fahrern nach der Warmlaufphase versehentlich oder auch absichtlich nicht geschlossen, was zwar die Motorleistung etwas erhöhte, jedoch zu einer außergewöhnlichen Abgasbelastung führte.
  • Für den "Winterbetrieb" konnte das Luftansaugrohr um 180° gedreht werden, um nicht mehr kalte Frischluft, sondern angewärmte Luft über der Auspuffanlage anzusaugen.
    Viele Trabantbesitzer deckten im Winter auch den Kühlergrill mit dafür erhältlichen Kunstlederschürzen ab.
  • Die im Winter oft unzureichende Warmluftzufuhr der Fahrgastzelle erfolgte drehzahlabhängig durch den vom Keilriemen angetriebenen Axiallüfter.
    Ab 1976 wurde zusätzlich eine Abgaskrümmerheizung eingebaut, wodurch die Heizung wesentlich leistungsfähiger wurde.
  • Ein Luftableiter an den Seitenscheiben vorn ermöglichte eine Belüftung bei geöffnetem Fenster auch bei höheren Geschwindigkeiten.
    Zudem lässt sich der Trabant wegen der hervorstehenden Dachrinne auch bei Regen mit geöffnetem Fenster fahren, ohne dass Nässe ins Innere eindringt.
  • Der Trabant hat einen blendfreien Nachtsicht-Innenspiegel, indem der Spiegel um 180° gedreht wird
  • Die Zündanlage arbeitet ohne Zündverteiler und stattdessen mit zwei Zündspulen und zwei Unterbrecherkontakten (bis 1984, danach elektronische Zündung).
    Infolgedessen war von Störungen an der Zündanlage oft nur ein Zylinder betroffen, sodass ein defekter Trabant mit der verbliebenen Kraft des anderen Zylinders nach Hause oder zur nächsten Werkstatt gefahren werden konnte.
  • Der Fallstromvergaser kam ohne Kraftstoffpumpe aus, da der Tank im Motorraum vor der Spritzwand und oberhalb des Motors eingebaut war (Fallbenzinsystem).
    Der Benzinhahn hatte drei Stellungen: offen, geschlossen, Reserve (4 bis 5 Liter).
    Nur die "de Luxe"–Ausführung hatte eine Reserveleuchte, bei allen anderen Modellen ließ sich die Notwendigkeit, nachzutanken oder auf Reserve umzuschalten lediglich anhand des Tageskilometerzählwerks, am Peilstab im Kraftstofftank oder am nach Verbrauchen des regulären Kraftstoffvorrats ausgehenden Motor erkennen.
    Durch den im Motorraum angebrachten Tank stieg die Brandgefahr bei Unfällen.
  • Die leichtgängige Schaltung ist als Krückstockschaltung ausgelegt:
    Für den ersten Gang wird der Hebel hineingedrückt und der gekrümmte Griff nach unten gedreht.
    Um den zweiten Gang einzulegen, ist der Griff nach oben zu drehen. Die höheren Gänge erreicht man, indem man den Hebel ein Stück herauszieht.
    Der Rückwärtsgang wird eingelegt, indem der Hebel bis zum Anschlag hineingedrückt und der Griff – wie für den ersten und dritten Gang, jedoch deutlich weiter – nach unten gedreht wird.
    Die Anordnung der Gänge entspricht also dem auch in anderen Autos üblichen "H"-Schaltschema ist aber um 90 Grad nach rechts gedreht.
Gefürchtet war zudem der Riss des Keilriemens, der sich schwer vorhersehen ließ und beim Trabant eine sofortige Unterbrechung der Fahrt erzwang, da von ihm nicht nur die Lichtmaschine, sondern auch die Kühlung des Motors abhing.
Der Keilriemenwechsel erforderte vor allem bei älteren Trabantausführungen etliche Arbeitsschritte, was die Unterwegsreparatur umständlich machte.
Einige Trabantfahrer führten daher stets einen Schlips oder zwei Nylonstrümpfe mit, die beim Riss des Keilriemens einfach eingespannt wurden, sodass nach Angabe des sozusagen offiziellen Ratgebers "Wie helfe ich mir selbst" eine notdürftige Kühlung des Motors gewährleistet war und mit "mäßiger Motordrehzahl". weitergefahren werden konnte.

Typisch waren auch Mängel an den Türen, die sich oft nur mit Schwung korrekt schließen ließen oder sich selbstständig öffneten.
Das ließ sich allerdings durch korrektes Einstellen der Türen beheben. ;)

Vor allem im Leerlauf (bei korrekter Leerlaufdrehzahl von etwa 700/min) treten starke Vibrationen der gesamten Fahrgastzelle auf, weshalb es mitunter sehr aufwendig sein kann, einen Trabant innen klapperfrei zu machen.

Quellen: T-Online, VDI Nachrichten, Wikipedia
 
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Padderson

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wer sagte noch: "vorwärts immer, rückwärts nimmer!"?:sneaky:
 

anmabu

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Nostalgie hin oder her mit dem Müll will doch keiner über ne Autobahn fahren höchstens zum Bäcker nebenan 🥴
 
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