EU-Parlament bremst strenge Euro-7-Norm aus

SteveJ

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Die EU-Kommission hatte heuer eine Norm Euro 7 für alle Kraftfahrzeuge vorbereitet.
Der Vorschlag sollte bisher getrennte Emissionsvorschriften für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge (Euro 6) sowie Lkw und Busse (Euro VI) ersetzen.
Die Euro-7-Standardregeln bringen Emissionsgrenzwerte für alle Kraftfahrzeuge – also Autos, Lieferwagen, Busse und Lastwagen – unter ein einziges Regelwerk.
Die neuen Vorschriften sind kraftstoff- und technologieneutral und legen die gleichen Grenzen fest, unabhängig davon, ob das Fahrzeug Benzin, Diesel, Elektroantrieb oder alternative Kraftstoffe verwendet.

Der Vorschlag der EU-Kommission im Überblick:
  • Schadstoffe:
    Bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen kommt zu den bisher limitierten Schadstoffen Stickoxide (NOₓ), Kohlenmonoxid (CO), Partikel und Kohlenwasserstoffe jetzt Ammoniak (NH₃) hinzu, ein Schadstoff, der eine Schlüsselrolle bei der Bildung von städtischem Smog spielt.
    Bei Lkw werden jetzt Formaldehyd (CH₂O) und Distickstoffmonoxid (N₂O) limitiert.

  • Grenzwerte:
    Prinzipiell sinken die Grenzwerte für Schadstoffe aus dem Auspuff diesmal nicht.
    Allerdings werden sie auf das jeweils niedrigste Euro-6-Niveau der Antriebsarten angepasst.
    Das heißt: Der maximale Stickstoffausstoß der Diesel sinkt von 80 mg/km auf den Benziner-Wert 60 mg/km.
    Neu: Auch sehr feiner Feinstaub mit einem Partikeldurchmesser von bis zu 10 Nanometern wird reguliert.
    Und der Ausstoß von Kohlenmonoxid (CO) bei Benzinern wird auf das Diesel-Limit von 500 Milligramm halbiert.

  • Messungen:
    Die RDE-Messungen im realen Straßenverkehr werden auf Temperaturen bis 45 Grad Celsius sowie für pendlertypische Kurzfahrten erweitert.
    Der Konformitätsfaktor, der Abweichungen zum gemessenen Prüfstandswert erlaubt, wird abgeschafft.

  • Emissionen von Bremsen und Reifen:
    Erstmals soll es zusätzliche Grenzwerte für Partikelemissionen von Bremsen und Regeln für Mikroplastikemissionen von Reifen geben.
    Diese Regeln gelten für alle Fahrzeuge. Das heißt: Künftig wären in diesem Punkt auch Elektrofahrzeuge von der Euro-7-Norm betroffen.

  • Haltbarkeit:
    Die Dauerhaltbarkeitsanforderungen (also die dauerhafte Einhaltung der Grenzwerte) werden gegenüber Euro 6 verdoppelt.
    Die Konformität für Pkw und Lieferwagen wird überprüft, bis diese Fahrzeuge 200.000 Kilometer haben und 10 Jahre alt sind.
    Für Elektroautos werden erstmals Anforderungen an die Haltbarkeit der Traktionsbatterien festgelegt:
    Nach fünf Jahren oder 100.000 Kilometern darf die Speicherkapazität der Batterie nicht unter 80 Prozent des ursprünglichen Werts fallen, nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern nicht unter 70 Prozent.

  • Nutzen:
    Laut Kommission wird die Einführung von Euro 7 im Jahr 2035 die Gesamt-NOₓ-Emissionen von Pkw und Transportern im Vergleich zu Euro 6 um 35 Prozent und um 56 Prozent im Vergleich zu Euro VI von Bussen und Lkw senken.
    Gleichzeitig werden die Partikel aus dem Auspuffrohr von Autos und Lieferwagen um 13 Prozent und von Bussen und Lastwagen um 39 Prozent gesenkt, während die Partikel von den Bremsen eines Autos um 27 Prozent gesenkt werden.

  • Kosten:
    Die erwarteten Kostensteigerungen machen für die EU-Kommission im Vergleich zur aktuellen Situation nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Fahrzeuganschaffungskosten aus, nämlich zwischen 90 und 150 Euro für Pkw und Transporter und etwa 2700 Euro für Lkw und Busse.
    Der geschätzte Umweltnutzen in Bezug auf vermiedene gesundheitliche Auswirkungen durch Luftverschmutzung überwiegt diese Kosten für Hersteller, Verbraucher und Behörden deutlich – und zwar in einem Verhältnis von mehr als 5 zu 1.

  • Manipulationssicherheit:
    Die Fahrzeughersteller müssen sicherstellen, dass Tachometer, Einspritzsysteme oder Steuergeräte nicht manipuliert werden können.
    Darüber hinaus möchte die Kommission ein Onboard-Monitoring-System (OBM) vorschreiben, das in der Lage sein soll, Emissionsüberschreitungen zu erkennen und das Auftreten solcher Überschreitungen anhand von im Fahrzeug gespeicherten Informationen anzuzeigen sowie diese Informationen über den OBD-Anschluss und drahtlos zu übermitteln.

Die Pläne für eine drastisch schärfere Euro-7-Norm zur Regulierung der Abgaswerte sind aber seit dieser Woche praktisch vom Tisch!

Mit den Stimmen von Konservativen, Rechtspopulisten und Liberalen hat sich der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) für eine mildere Variante des Vorschlags der EU-Kommission entschieden (52 zu 32 Stimmen).

Dem Kompromiss zufolge gelten für Autos und Transporter von Privatpersonen künftig ähnliche Grenzwerte wie bei der bestehenden Euro-6-Regulierung.
Allerdings sollen die Grenzwerte für Stickoxid-Emissionen bei Lkw gegenüber der Euro 6-Norm um 60 Prozent gesenkt werden.
Die Übergangsfristen werden verlängert, sodass Euro 7 wohl erst nach 2030 in Kraft treten wird.

Die Fraktion der Grünen reagierte enttäuscht, betonte aber, dass künftig Grenzwerte für weitere Emissionen wie Reifen- und Bremsabrieb erfasst werden sollen, die zusätzlichen Feinstaub verursachen.
Diese Regelungen gelten dann auch für E-Autos.

Formal muss das EU-Parlament den Empfehlungen des Ausschusses noch folgen. Die Zustimmung im November gilt aber als fast sicher.
Bis Ende des Jahres soll dann die endgültige Einigung mit Kommission und Rat erfolgen.

Quellen: ADAC, Auto-Bild, Auto, Motor und Sport
 
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